NEURODERMITIS
VERSTEHEN

Neurodermitis ist eine komplexe chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit unterschiedlichen Facetten, die viele Herausforderungen mit sich bringt. Je besser Du die Erkrankung kennst, umso besser kannst Du lernen, damit umzugehen. Wir erklären Dir in diesem Artikel, was Neurodermitis ist, wie sich die Erkrankung zeigt und vieles mehr.

Junge Frau mit Brille, die einen Bleistift zwischen Lippen und Nase klemmt.

Neurodermitis ist eine komplexe chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit unterschiedlichen Facetten, die viele Herausforderungen mit sich bringt. Je besser Du die Erkrankung kennst, umso besser kannst Du lernen, damit umzugehen. Wir erklären Dir in diesem Artikel, was Neurodermitis ist, wie sich die Erkrankung zeigt und vieles mehr.

Themenübersicht

Unsere Haut hat viele Aufgaben: Sie regelt die Körpertemperatur, schützt das Körperinnere vor Verletzungen und Austrocknung, sie hilft dem Körper, Vitamin D zu produzieren, und ist ein wichtiges Sinnesorgan. Einige Menschen bezeichnen die Haut als „Spiegel der Seele“, weil sie auch Emotionen offenbaren kann. Ist die Haut krank, leiden Betroffene oft nicht nur körperlich – auch die psychische Belastung kann sehr hoch sein.

WAS IST NEURODERMITIS?

Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung, die nicht ansteckend ist. Sie äußert sich vor allem durch Entzündungen der Haut. Diese entstehen dadurch, dass das Immunsystem auf eigentlich harmlose Stoffe reagiert, als wären es gefährliche Angreifer, und immer wieder Entzündungen entfacht, um sie zu bekämpfen.

Häufige Symptome sind unter anderem:

    Starker Juckreiz

    Entzündete, teilweise blutende Hautstellen (Ekzeme)

    Hautrötungen (Erytheme)

    Hautverdickungen und Vergröberungen der Haut (Lichenifikationen)

    Dicke, tiefsitzende Knoten (Prurigo-Knoten)

    Hauteinrisse, z. B. an Mundwinkeln, Ohrläppchen oder Fingern (Rhagaden)

    Trockene Haut (Xerose)

    Schuppung

    Schwellung

    Nässende Bläschen

Gut zu wissen

Was ist ein atopisches Ekzem?

Neurodermitis wird in Fachkreisen auch als atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis bezeichnet. Manchmal wird auch der Begriff allergische Dermatitis genutzt.

Atopisch heißt, der Körper reagiert allergisch auf den Kontakt mit ansonsten harmlosen Substanzen aus der Umwelt. Diese Überempfindlichkeit ist häufig genetisch bedingt.

Ekzem und Dermatitis sind Überbegriffe für eine Entzündungsreaktion der Haut, die mit Juckreiz, Rötung, Schuppung, Schwellung, nässenden Bläschen und Verdickung (bei chronischen Verläufen) einhergehen kann.

Illustration eines Buches zur Hervorhebung wichtiger Neurodermitis-Fakten.

Neurodermitis ist mehr als eine Hautkrankheit

Bei der Neurodermitis handelt es sich um eine sogenannte Systemerkrankung. Neurodermitis ist also nicht einfach ein Ausschlag; die Krankheit wird durch eine Überreaktion des Immunsystems verursacht, die immer wieder Entzündungen entfacht. Im Falle der atopischen Dermatitis zeigen sich diese Entzündungen an der Haut. Neurodermitis kann sich aber auf viele Lebensbereiche auswirken und sowohl den Körper als auch die Psyche beeinträchtigen.

Das Spektrum der Erkrankung reicht von milden, symptomarmen Formen bis hin zu schweren Verlaufsformen, bei denen eine ununterbrochene, intensive Therapie notwendig ist. Für Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Ausprägung kann Neurodermitis zu einer dauerhaften Belastung werden. Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, psychische Belastungen, Probleme in der Familie oder in der Partnerschaft sowie berufliche Beeinträchtigungen können durch Neurodermitis verursacht werden.

ACHTUNG

Auch Depressionen sind bei Neurodermitis keine Seltenheit:

In Zeiten von makellosen Schönheitsidealen werden Hautveränderungen häufig mit „krank“ und „ungepflegt“ assoziiert. Das äußere Erscheinungsbild spielt also eine bedeutsame Rolle für das Wohlbefinden. Menschen mit Neurodermitis schämen sich häufig für ihre Haut und isolieren sich. Daraus können sich Angstzustände, Schlafstörungen oder sogar Depressionen entwickeln. Wenn der Leidensdruck zu hoch ist, kann eine seelische Betreuung oder Psychotherapie Dir eventuell Unterstützung geben.

Etwa jeder zweite Patient ist von einer mittelschwer bis schwer ausgeprägten Neurodermitis betroffen.

Die atopische Dermatitis – wie Mediziner die Erkrankung nennen – tritt meist in Schüben auf und äußert sich vor allem durch sichtbare Hautveränderungen und starken Juckreiz. Das heißt, es gibt Phasen, in denen Du kaum Beschwerden hast. Dann gibt es wiederum Zeiten, in denen juckende, entzündete Stellen das Hautbild bestimmen. Die Erkrankung ist jedoch nie wirklich verschwunden. Selbst in weniger aktiven Phasen, wenn die Neurodermitis für das Auge nicht sichtbar ist, „brodelt“ die Entzündung unter der Haut weiter.

Illustration einer Neurodermitis-Patientin, die ihre juckende Haut mit einem Handy fotografiert.

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WAS FEHLT DEM KÖRPER BEI NEURODERMITIS?

Die Hautbarriere besteht aus Hornzellen, die übereinandergeschichtet sind. Diese Zellen werden normalerweise durch Hornfette zusammengehalten. Bei Menschen mit Neurodermitis werden nicht ausreichend Fettstoffe produziert. Der atopischen Haut mangelt es an Feuchthaltefaktoren und sie kann schlecht Wasser binden. Der Verbund der Hautzellen wird durchlässig und die Haut ist sehr trocken und empfindlich.

Darstellung der Hautbarriere im Falle von intakter Haut und bei Neurodermitis

Intakte Hautbarriere

Die intakte Haut stellt eine natürliche und geschlossene Barriere zwischen der Innen- und Außenwelt dar. Für Fremdstoffe ist es fast unmöglich, sie im gesunden Zustand zu überwinden.

Darstellung der Hautbarriere im Falle von intakter Haut und bei Neurodermitis

Beeinträchtigte Hautbarriere

Die Hautbarriere bei Neurodermitis ist beeinträchtigt. Ihr fehlen wichtige Bestandteile, die zur Aufrechterhaltung der Schutzfunktion nötig sind (z.B. Feuchtigkeit). Fremdstoffe können eindringen und weitere Entzündungen hervorrufen.

Darstellung der Hautbarriere im Falle von intakter Haut und bei Neurodermitis

Überaktives Immunsystem

Zudem ist das Immunsystem überaktiv und bestimmte Immunzellen produzieren vermehrt Botenstoffe, die dauerhaft Entzündungsreaktionen auslösen.

Gut zu wissen

Was ist der Unterschied zwischen „trockener Haut“ und einem „trockenen Ekzem“?

Trockene Haut hat noch eine normale Hautfarbe, sie schuppt aber verstärkt und kann rissig sein; oft auch begleitet von einem Spannungsgefühl oder Juckreiz. Ein trockenes Ekzem dagegen geht mit einer Entzündungsreaktion einher und deshalb mit einer sichtbaren Rötung der Haut. Bei einem Hautekzem kann die Haut zudem schuppen und es können nässende Bläschen auftreten.

Illustration eines Buches zur Hervorhebung wichtiger Neurodermitis-Fakten.

Neurodermitis – ein Kreislauf von Jucken und Kratzen

Ein besonders belastendes Symptom der Neurodermitis ist der starke Juckreiz. Gerade bei einem akuten Schub sind Menschen mit Neurodermitis häufig in einem Teufelskreis aus Jucken und Kratzen gefangen.

Das Kratzen der Haut lindert den Neurodermitis-Juckreiz aber nur für einen kurzen Moment. Langfristig fügst Du Deiner Haut weitere Verletzungen zu, die in der Folge zu weiteren Juckreizattacken führen.

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Mit welchen Strategien Du den Neurodermitis-Juckreiz lindern kannst, erfährst Du im Ratgeber Juckreiz.

Illustration einer Lupe, die Neurodermitis-Symptome untersucht.

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Welche Hautstellen können von Symptomen betroffen sein?

Darstellung verschiedener Hautstellen, an denen Symptome auftreten können und wie diese sich mit zunehmendem Alter verändern.

Die Bereiche, an denen Neurodermitis-Symptome auftreten, können sich im Krankheitsverlauf verändern. Die Neurodermitis äußert sich in jedem Alter häufig unterschiedlich. Im frühen Kindesalter sind Ekzeme im Gesicht, auf der Kopfhaut, sowie an den Streckseiten von Armen und Beinen vorherrschend.

Bei Jugendlichen und Erwachsenen treten in der Regel Ekzeme am Hals auf, an den Augenlidern, Ellenbogen, in den Kniekehlen, sowie an den Füßen und Händen.

Detaillierte Informationen zu betroffenen Hautstellen kannst Du hier nachlesen.

Zahlen und Fakten zu Neurodermitis

Weltweit leiden Millionen Menschen an Neurodermitis – mit steigender Tendenz.

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Eine Neurodermitis tritt in der Regel bereits in den ersten beiden Lebensjahren auf, typischerweise zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat. Einige Kinder erkranken auch später. Dass sich eine Neurodermitis erst nach dem 5. Lebensjahr entwickelt, ist jedoch eher selten.

Viele hilfreiche Informationen zu Neurodermitis bei Babys und Kindern findest Du hier.

Schätzungen zufolge ist die Erkrankung bei über 80% aller Kinder etwa 10 Jahre nach dem ersten Auftreten überstanden oder deutlich abgeklungen. Die Neurodermitis wächst sich aber nicht immer aus, sie kann auch eine Zeit lang verschwinden und im Alter wiederkehren. Dass eine Neurodermitis im Erwachsenenalter zum ersten Mal auftritt, ist allerdings selten.

Die Häufigkeit der Neurodermitis ist unter anderem auch vom Klima abhängig. Im eher sonnenarmen Nordeuropa sind bis zu 25% betroffen, wohingegen an den Küsten Südeuropas nur etwa 1% der Menschen erkranken.

Bei der Hautfarbe macht die Neurodermitis keine Unterschiede, sie kann bei Menschen aller Hautfarben auftreten. Interessanterweise sind Menschen in Städten häufiger betroffen als die Landbevölkerung. Warum das so ist, ist bisher allerdings unklar.

Illustration eines Neurodermitis-Patienten mit juckenden Hautstellen.

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Was löst Neurodermitis aus?

Was die genauen Ursachen für Neurodermitis sind, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Man weiß jedoch, dass die folgenden Faktoren den Ausbruch der Erkrankung begünstigen können:

    Erbliche Vorbelastungen

    Eine gestörte Barrierefunktion der Haut

    Eine Überempfindlichkeit des Immunsystems

    Verschiedene Umweltfaktoren

Neurodermitis kommt selten allein –
Der atopische Formenkreis

Grafische Darstellung des atopischen Formenkreises

Neurodermitis zählt zu den Erkrankungen des sogenannten atopischen Formenkreises. Eine Atopie beschreibt die genetische Veranlagung, empfindlich auf verschiedene, oft harmlose Stoffe aus der Umwelt zu reagieren. Weitere Erkrankungen des atopischen Formenkreises sind unter anderem allergisches Asthma, allergische Bindehautentzündung, allergischer Schnupfen (allergische Rhinitis) und Nahrungsmittelallergien.

Menschen mit einer atopischen Erkrankung haben oft ein erhöhtes Risiko, weitere Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis zu entwickeln.

Wie wird Neurodermitis diagnostiziert?

Bei der Untersuchung wird Deine Haut gründlich unter die Lupe genommen und ein besonderes Augenmerk auf die Ekzeme gelegt. Zudem werden oftmals Fragen zur familiären Vorgeschichte gestellt, denn die Neurodermitis hat meist auch eine genetische Komponente.

Gut zu wissen

Stellung der Diagnose

Da verschiedene Hauterkrankungen ähnliche Symptome wie eine Neurodermitis hervorrufen, kann in der Regel nur ein Dermatologe eine Diagnose stellen.

Illustration eines Buches zur Hervorhebung wichtiger Neurodermitis-Fakten.
Illustration eines Standort-Pins für den Ärztefinder.

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Anzeichen, die für eine Neurodermitis sprechen, sind unter anderem:

    Dem Alter entsprechende Ausprägungen und Verteilungen der Beschwerden

    Ein Beginn der Beschwerden im frühen Lebensalter

    Andere atopische Erkrankungen bei Dir selbst oder bei nahen Verwandten

    Ein schubweiser Verlauf

Zudem gibt es sogenannte Atopie-Zeichen, die bei Menschen mit atopischen Erkrankungen häufig auftreten und bei Hautekzemen meist ebenfalls für eine Neurodermitis sprechen.

Dazu zählen:

    Trockene Haut

    Verstärkte Linienzeichnung an den Innenflächen der Hände

    Eine sogenannte Dennie-Morgan-Falte – eine doppelte Lidfalte unterhalb der Augen

    Das feste Streichen über die Haut mit einem Holzspatel ruft bei atopischen Patienten eine weiße Linie hervor (weißer Dermographismus), während die Linie bei Nicht-Atopikern gerötet ist.

    Dunkle Haut im Bereich der Augen

    Ausdünnung der seitlichen Augenbrauen (Hertoghe-Zeichen)

    Neigung zu Ohr- und Mundwinkeleinrissen

Allergietests

Häufig wird bei der Neurodermitis-Diagnose auch getestet, ob Du Allergien hast. Neben einer Blutuntersuchung, bei der spezifische Antikörper nachgewiesen werden, kommt auch der sogenannte Prick-Test zum Einsatz. Dabei ritzt ein Arzt Dir kleine Mengen eines Allergens in die Haut und bewertet die Reaktion nach 15 Minuten. Bei beiden Untersuchungen zeigt ein positives Ergebnis allerdings nur an, dass Du auf bestimmte Allergene empfindlich reagierst. Es beweist jedoch nicht, dass dieses Allergen auch Deine Neurodermitis beeinflusst.

ACHTUNG

Sogenannte Provokationstests, bei denen Du bewusst in Kontakt mit einem mutmaßlichen Allergen gebracht wirst, darf nur ein Arzt machen. Mache solche Tests auf keinen Fall in Eigenregie, da es dabei zu lebensgefährlichen Zwischenfällen kommen kann!

Illustration einer Neurodermitis-Patientin, die ihre juckende Haut mit einer Lupe betrachtet.

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Wie wird Neurodermitis behandelt?

Eine Dose Creme von oben

Neurodermitis ist nicht heilbar, aber Du kannst einiges tun, um Deine Erkrankung im Zaum zu halten. Das A und O bei Neurodermitis ist die konsequente Pflege Deiner Haut mit rückfettenden Cremes, selbst wenn Du gerade keine Beschwerden hast. Diese Basistherapie sollte ein fester Bestandteil in Deinem Alltag sein.

Weitere Informationen zur Basistherapie findest Du hier.

Medikamentöse Therapien

Bei einem akuten Neurodermitis-Schub mit Entzündungen wird Dir Dein Dermatologe wirkstoffhaltige Präparate verschreiben, die äußerlich angewendet werden. Sie werden direkt auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Neben diesen sogenannten topischen Präparaten gibt es auch systemische Medikamente zur Behandlung von Neurodermitis. Diese wirken von innen und werden in der Regel langfristig angewendet, um die Neurodermitis an der Wurzel zu behandeln. Das heißt, sie kommen nicht nur bei einem akuten Schub zum Einsatz.

Im Bereich „Behandlung“ findest Du detaillierte Informationen zu den äußerlichen und innerlichen Therapieformen sowie zu ergänzenden Therapien.

Eine Frau guckt in die Kamera. Im Hintergrund ist eine Ärztin verschwommen zu erkennen, die die Frau anlächelt.

Behandlung von Neurodermitis

Informiere Dich hier über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten bei Neurodermitis.

Fazit

Die Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung, die bisher nicht heilbar ist. Auch wenn bei vielen Kindern die Beschwerden im Laufe der Zeit nachlassen, kann Dich die Erkrankung Dein ganzes Leben begleiten. Eine konsequente Pflege und eine für Dich passende Behandlung können Dir helfen, einen positiven Umgang mit der Erkrankung zu finden – denn auch mit Neurodermitis kannst Du ein glückliches und erfülltes Leben führen. Werde aktiv und lass Dich beraten.

Illustration einer Hautärztin mit Stethoskop um den Hals.

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1 Langen U et al. Bundesgesundheitsbl 2013;56:698–706.

2 https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressemitteilungen/barmer-analyse-vor-allem-kinder-und-frauen- leiden-unter-neurodermitis-257016 (zuletzt geöffnet: 03/2021).

3 Kaufmann BP et al. Exp Dermatol 2018;27(4):340–357.

4 ecarf.org/info-portal/erkrankungen/neurodermitis (zuletzt geöffnet: 03/2021).