Dermatologe Dr. Max Tischler im Interview: Tipps für eine optimale Neurodermitis-Behandlung
Dr. Max Tischler ist Dermatologe und Allergologe mit eigener Praxis in Dortmund. Im Interview beantwortet er spannende Fragen rund um den Arztbesuch bei Neurodermitis und moderne Therapiemöglichkeiten.
Name: Dr. Max Tischler, Gastblogger
Schreibt über: Arztbesuch und Therapieoptionen
Dermatologe Dr. Max Tischler im Interview: Tipps für eine optimale Neurodermitis-Behandlung
Name: Dr. Max Tischler, Gastblogger
Schreibt über: Arztbesuch und Therapieoptionen
Dr. Max Tischler ist Dermatologe und Allergologe mit eigener Praxis in Dortmund. Im Interview beantwortet er spannende Fragen rund um den Arztbesuch bei Neurodermitis und moderne Therapiemöglichkeiten.
Lieber Max, wir hören immer wieder, dass viele der Betroffenen mit ihrer Behandlung unzufrieden sind. Was würdest Du allen raten, denen es so geht oder die noch nicht den/die passende Dermatolog*in gefunden haben?
Es ist für den Behandlungserfolg ganz wichtig, dass Ärzt*innen und Betroffene zumindest auf der professionellen Ebene zusammenpassen. Wenn Ihr das Gefühl habt, dass Euch nicht zugehört wird oder Ihr einfach nicht weiterkommt, dann kann ein Arztwechsel die richtige Lösung für Euch sein. Das gilt besonders auch dann, wenn Ihr bisher bei Hausärzt*innen oder Kinderärzt*innen in Behandlung seid für Eure Neurodermitis oder die Neurodermitis Eures Kindes. Macht Euch auf die Suche nach Menschen mit Expertise für Neurodermitis. Das sind häufig Dermatolog*innen, denn sie sehen tagtäglich viele Betroffene mit Neurodermitis und anderen chronischen Hauterkrankungen. Investiert etwas Zeit und Kraft in die Suche, denn nur so könnt Ihr herausfinden, ob die Spezialist*innen zu Euch passen könnten. Dafür könnt Ihr auch diesen
Ärztefinder nutzen. Schaut Euch auch die Homepage der Ärzt*innen an, lest Bewertungen und fragt Euch: Vertritt er/sie moderne Behandlungsansätze? Passt der/die zu mir? Und nutzt die Wartezeit bis zum Termin, indem Ihr Eure Neurodermitis „überwacht“. Wenn Ihr akute Probleme habt und der nächste Arzttermin noch zu weit weg ist, könnt Ihr auch die Telemedizin nutzen. Hier gibt es beispielsweise die Video- oder auch die asynchrone Sprechstunde. Die funktioniert so, dass Ihr Ärzt*innen Bilder von Euren Ekzemen und Informationen zu Euren Symptomen zukommen lasst, und dann erhaltet Ihr einen Arztbrief und eventuell schon einmal Rezepte, um die Zeit bis zum Arzttermin zu überbrücken.
Wie können Betroffene denn ihre Neurodermitis zuhause „monitoren“?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Eure Neurodermitis zu beobachten: Auf der Patientenwebsite
www.leben-mit-neurodermitis.info findet Ihr beispielsweise ein Tagebuch, in das Ihr Eure Symptome, die aktuelle Therapie, Eure Ernährung und vieles mehr eintragen könnt. Inzwischen gibt es sogar Apps, die Euch unterstützen können. Ihr müsst für Euch die beste Möglichkeit finden, um das Monitoring auch langfristig durchzuziehen, denn nur so bringt es Euch was!
Wie sollten sich Betroffene am besten auf das Arztgespräch vorbereiten?
Mit Hilfe des Tagebuchs könnt Ihr vor dem Gespräch bereits erste Vermutungen zu Triggern aufstellen. Das hilft mir als Arzt auch weiter, um die meist relativ kurze Zeit im Arztgespräch gut zu nutzen. Besonders wichtig ist auch, dass Ihr – gerade zum Erstgespräch – Informationen zu Eurem bisherigen Krankheitsverlauf und der Behandlung mitbringt: Welche Therapie habe ich wann gemacht, auch insbesondere bei anderen Ärzt*innen? Wie intensiv habe ich die Therapie gemacht? Welche Basispflege bzw. -therapeutika verwende ich? Welche Herausforderungen habe ich? Hatte ich schon einen Reha-Aufenthalt? Wurde schon ein Allergietest gemacht – auf eine Kontakt-, Pollen- oder Nahrungsmittel-Allergie? Das sind alles Punkte, die Ihr Euch aufschreiben und mit in das Arztgespräch bringen solltet. Eure Dermatolog*innen werden das dann nacheinander mit Euch abarbeiten.
Wie können Betroffene die meisten Infos aus dem Arztgespräch mitnehmen?
Wer kennt es nicht: Kaum ist man nach dem Arztgespräch aus der Tür raus, hat man schon die Hälfte des Gesprächs vergessen. Damit Euch das nicht passiert, könnt Ihr Euch während des Gesprächs Notizen machen. Es wäre auch möglich, das Gespräch aufzunehmen. Das müsst Ihr aber vorher mit den Ärzt*innen besprechen und ihr Einverständnis einholen! Ich persönlich hätte da aber nichts gegen, damit meine Patient*innen möglichst viel aus dem Gespräch mitnehmen. Im Nachgang könnt Ihr auf Nachfrage auch einen Arztbrief bekommen, in dem das Gespräch und die Therapieempfehlungen zusammengefasst werden und in dem Ihr auch noch einmal nachlesen könnt, was genau besprochen wurde. Da die allgemeinen Tipps und Empfehlungen bei Neurodermitis oft von einem Expertengremium und nicht nur von Euren Ärztin*innen stammen, könnt Ihr auch nach Informationsmaterial oder -quellen fragen. Daneben bieten sich auch Patientenwebsites wie
www.leben-mit-neurodermitis.info oder Selbsthilfegruppen an.
Wie sieht die moderne Behandlung der Neurodermitis aus und wonach richtet sie sich?
Die Neurodermitis-Behandlung muss natürlich individuell auf die Patient*innen ausgerichtet werden. Hier spielt der Schweregrad eine Rolle, aber auch die individuelle Situation der Betroffenen: so muss der Beruf und die soziale Situation mit einbezogen werden. Grundsätzlich besteht die Neurodermitis- Therapie aus einem Stufenschema: ganz unten steht die Basistherapie, die an den Hautzustand und die Jahreszeit angepasst werden muss, denn der Hautzustand verändert sich ständig. Reicht dies nicht aus, stehen auf der nächsten Stufe topische Therapien wie Cremes und Salben mit verschiedenen Wirkstoffen. Bei mittelschweren bis schweren Verläufen stellen insbesondere die Systemtherapien für Betroffene eine gute Möglichkeit dar.
Ihr könnt also sehen, dass es viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan und mit den modernen Therapieoptionen ist der Alltag für die Betroffenen gut zu meistern!
Welche modernen Therapieoptionen gibt es?
Es gibt inzwischen diverse moderne Therapieoptionen für die Behandlung der Neurodermitis, die als Option infrage kommen, wenn topische Therapien nicht ausreichen und die gewünschte Krankheitskontrolle nicht erreicht wird. Systemisch bedeutet in dem Fall, dass sie im Inneren des Körpers wirken und die Einnahme durch Tabletten oder subkutane Spritzen (unter die Haut) erfolgt. Die Wirkstoffe verteilen sich dann über den Blutkreislauf im ganzen Körper und gelangen an den Ort, an dem sie wirken sollen. Zu den modernen Systemtherapien zählen die sogenannten Biologika und JAK-Hemmer. Sie können langfristig eingesetzt werden und eignen sich so für eine dauerhafte Therapie.
Biologika sind seit Kurzem auch für Kinder ab sechs Monaten zugelassen. Mit diesen kann eine schwere Neurodermitis bereits bei kleinen Kindern und eine mittelschwere bis schwere Neurodermitis bei Jugendlichen ab 12 Jahren sehr gut behandelt werden. JAK-Hemmer können mittlerweile ab 2 Jahren bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis eingesetzt werden. Wenn Du mehr über die Therapieoptionen erfahren willst, dann schaue Dir hier die
Therapieübersicht an. Es lohnt sich auch, die behandelnden Dermatolog*innen aktiv nach langfristigen Therapieoptionen zu fragen.
Für die Betroffenen, die für eine systemische Behandlung infrage kommen, ist es eine positive Nachricht! Ich bin gespannt, wie sich die Therapie noch weiterentwickelt!
Als Experte für Neurodermitis wirkte er schon bei verschiedenen Formaten auf dem Instagram-Kanal
@leben_mit_neurodermitis.info und dem
„Leben mit Neurodermitis – Der Hautnah-Podcast“ mit.