Für Babys und Kleinkinder ist die Haut ein besonders wichtiges Sinnesorgan. Sanfte Berührungen und liebevolles Streicheln vermitteln ihnen nicht nur Sicherheit und Geborgenheit, sondern auch ein Gefühl für den eigenen Körper, seine Ausmaße und Grenzen. Verlasst Euch beim Hautkontakt auf Euer Gespür – Ihr wisst meist recht gut, was Eurem Kind guttut und was es nicht mag.
Säuglinge zeigen als erste Symptome meist Milchschorf, gerötete, schuppende Haut und Juckreiz. Allerdings hat nicht jedes Baby mit Milchschorf auch tatsächlich Neurodermitis. Oft klingt der Milchschorf bis zum 2. Lebensjahr einfach ab, und es zeigen sich keine weiteren Merkmale einer Neurodermitis. Milchschorf hat übrigens nichts mit einer Milchunverträglichkeit zu tun. Der Name kommt daher, dass die Hautveränderungen ähnlich aussehen wie verbrannte Milch.
Gut zu wissen
Viele Neugeborene haben in den ersten Lebensmonaten talgige, gelblich braune Schuppen auf der Kopfhaut. Das ist meist kein Milchschorf, sondern Kopfgneis. Er ist harmlos und verschwindet in der Regel im 1 Lebensjahr von allein.
Bei Kindern mit Neurodermitis zeigen sich neben dem Milchschorf bald weitere Symptome und aus den geröteten Hautstellen entwickeln sich stark juckende, schuppige Ekzeme. Gleichzeitig ist die Haut von betroffenen Säuglingen und Kleinkindern sehr trocken.
Die Ekzeme treten bei Babys und Kleinkindern vor allem im Gesicht, an den Ohren und an anderen Stellen am Kopf auf. Der Windelbereich ist in den meisten Fällen nicht betroffen.
Bei vielen Kindern mit Neurodermitis bessert sich die Haut vor der Pubertät und es treten keine Symptome mehr auf. Das heißt aber nicht, dass die Erkrankung verschwunden ist, denn die Atopie, die einer Neurodermitis meist zugrunde liegt, bleibt bestehen. Das heißt, das Immunsystem neigt dauerhaft zu einer Überreaktion gegen harmlose Stoffe oder Reize aus der Umwelt. Unter Umständen kann die Neurodermitis im späteren Leben wieder zum Vorschein kommen und die Symptome flammen erneut auf.
Die genauen Ursachen für atopische Dermatitis, wie Neurodermitis auch genannt wird, sind noch nicht vollständig geklärt. Die Faktoren, die zu ihrer Entstehung beitragen, unterscheiden sich bei Erwachsenen und Kindern nicht. Man weiß heute, dass eine erbliche Vorbelastung, eine gestörte Barrierefunktion der Haut, eine Überempfindlichkeit des Immunsystems und verschiedene Umweltfaktoren den Ausbruch der Erkrankung begünstigen können.
Detaillierte Informationen zu den Ursachen einer Neurodermitis kannst Du hier nachlesen.Wenn in Eurer Familie bereits atopische Erkrankungen bekannt sind, ist das Risiko für Euer Kind erhöht, dass es eine Neurodermitis entwickelt. Atopische Erkrankungen sind neben Neurodermitis zum Beispiel allergisches Asthma, Heuschnupfen oder andere Allergien; zum Beispiel gegen bestimmte Nahrungsmittel. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, einige Maßnahmen zu berücksichtigen:
Sprecht im Falle einer erblichen Vorbelastung mit einem Dermatologen und lasst Euch beraten, ob es weitere hilfreiche Maßnahmen gibt.
Gut zu wissen
Neurodermitis ist nicht heilbar, aber schon bei den Kleinsten können die Symptome durch verschiedene Therapiemaßnahmen meist unter Kontrolle gebracht werden.
Auch bei Säuglingen kann die atopische Dermatitis frühzeitig behandelt werden. So lässt sich oft verhindern, dass sich die entzündliche Hauterkrankung stärker ausbreitet. Ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung ist die Basistherapie.
Die Hautbarriere ist selbst bei gesunden Babys noch nicht vollständig ausgebildet. Auch der Säureschutzmantel entwickelt sich erst langsam. Deshalb ist Babyhaut generell viel empfindlicher und es kommt leichter zu Hautreizungen und Infektionen. Auch die Schweißdrüsen nehmen ihre Funktion erst nach und nach auf, weshalb Neugeborene die Temperatur noch nicht so gut regulieren können.
Eine konsequente und liebevolle Hautpflege von Anfang an ist deshalb bei Neugeborenen und Kleinkindern mit Neurodermitis unerlässlich. Das gilt auch in Phasen, in denen die Haut gesund wirkt. Das tägliche Eincremen ist ein wichtiger Teil der Behandlung von Neurodermitis und kann sogar Schüben vorbeugen.
Gegen starken Juckreiz und Entzündungen helfen oft nur Medikamente. Babys und Kleinkinder haben jedoch eine wesentlich empfindlichere Haut als Erwachsene und reagieren anders auf Wirkstoffe. Deshalb sind manche Medikamente, die bei Erwachsenen eingesetzt werden, für Kinder nicht zugelassen. Heute stehen jedoch einige anerkannte Arzneimittel schon für kleine Kinder zur Verfügung, die entweder äußerlich (topisch) oder innerlich (systemisch) angewandt werden und gute Erfolge erzielen können. Informiert Euch und lasst Euch vom Kinderarzt oder Dermatologen beraten.
Gut zu wissen
Das Krankheitsbild der Neurodermitis unterscheidet sich von Kind zu Kind. Damit die Therapie an die Bedürfnisse Eures Kindes angepasst werden kann, ist es wichtig, dass die Erkrankung zunächst richtig diagnostiziert und die Schwere korrekt festgestellt wird.
Das Säuglingsbad hat viele positive Effekte und dass es die Eltern-Kind-Bindung fördert, ist sicher einer der bedeutsamsten. Deshalb solltet Ihr nicht darauf verzichten. Um seine Haut jedoch nicht zusätzlich auszutrocknen, solltet Ihr Euer Kind nicht zu häufig baden. Nutzt rückfettende Badezusätze. Das Badewasser sollte eine lauwarme Temperatur von höchstens 35 Grad haben. Tupft die Haut nach dem Baden ab, anstatt sie trockenzureiben. Nach dem Bad solltet Ihr die Haut Eures Kindes mit rückfettenden Pflegeprodukten eincremen.
Bei schweren Ekzemen kann nach ärztlicher Absprache zwei- bis dreimal pro Woche ein Ölbad empfehlenswert sein.
Gut zu wissen
Babys brauchen noch keine speziellen Pflegeprodukte wie Shampoos oder Seifen. Es reicht völlig aus, Haare und Körper der Kleinen mit klarem Wasser zu waschen.
Neurodermitis macht Babys und Kleinkindern schwer zu schaffen. Die Kleinen verstehen nicht, was mit ihnen los ist – sie wissen ihr Unwohlsein und ihre Beschwerden nicht anders auszudrücken als durch Schreien und Unruhe. Ablenkung, Geduld und liebevolle Zuwendung können ihnen helfen, sich zu entspannen.
Denkt daran: Jede innige und achtsame Berührung setzt bei Eurem Kind positive Gefühle frei, die Stress und Ängste reduzieren und damit auch der Haut spürbar guttun.
Die Haut Eures Kindes ist vielen Umwelteinflüssen ausgesetzt: Kälte, Wärme, trockene Luft, Pollen, Kleidung usw. Einige dieser Faktoren können die Neurodermitis negativ beeinflussen. Auf welche sogenannten Trigger ein Kind reagiert, ist nicht bei allen gleich, sondern individuell verschieden. Wenn Ihr Schüben vorbeugen möchtet, ist es wichtig, diese Trigger zu kennen, denn nur dann könnt Ihr sie gezielt vermeiden.
Hier könnt Ihr mehr zum Thema Trigger lesen.Juckreiz begleitet Kinder mit Neurodermitis ständig, vor allem bei einem akuten Schub. Aber auch ohne die quälenden Entzündungen kann die trockene Haut Juckreiz verursachen. Für Babys und Kleinkinder ist es allerdings schwer zu verstehen, dass sie nicht kratzen sollen. Es gibt einige Tipps, die Euch im Alltag helfen können:
Gerade in der Nacht können sich die Kleinen beim unkontrollierten Kratzen leicht selbst verletzten. Dafür gibt es spezielle Baumwollhandschuhe. Die können diese Gefahr verringern. Auch die Schlafkleidung kann Schutz bieten. Sie sollte am besten bis zum Hals geschlossen sein, denn je weniger Hautstellen freiliegen, desto geringer ist die Gefahr, dass Euer Kind sich im Schlaf aufkratzt. Es kann auch helfen, Euer Kind vor dem Schlafengehen gut einzucremen.
Diese Frage kann man leider nicht pauschal beantworten. Es gibt allerdings einige Lebensmittel, die allergische Reaktionen bei Kindern auslösen können, wie beispielsweise Milch, Eier, Nüsse oder Weizenprodukte, weshalb sich in machen Fällen die Intensität der Ekzeme verringern kann, wenn ihr diese Nahrungsmittel aus dem Speiseplan Eures Kindes streicht. Allerdings reagiert nur etwa jedes 2. Kind mit Neurodermitis allergisch auf bestimmte Nahrungsmittel und nur bei etwa jedem 3. moderat bis schwer betroffenen Kind führt dies tatsächlich zu einer Verschlechterung des Hautbildes. Also sind übermäßige Einschränkungen selten notwendig und eine sogenannte Eliminationsdiät ist nur im Fall einer tatsächlichen Allergie sinnvoll.
Ihr solltet Euch darüber im Klaren sein, dass Diäten zu einer Mangel- bzw. Fehlernährung führen können und sich dadurch der Gesundheitszustand Eures Kindes verschlechtern kann. Daher sollten spezielle Ernährungsformen immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Sprecht am besten mit dem Arzt Eures Kindes, denn spezielle Tests können Nahrungsmittelallergien in der Regel abklären. Liegen diese tatsächlich vor, könnt Ihr in Absprache mit einem Spezialisten den Ernährungsplan für Euer Kind anpassen.
Je älter Kinder werden, umso mehr Worte nutzen sie. Allerdings ist die Sprache eines Kindes mit 3 Jahren noch einfach und der Wortschatz recht klein. Das hält die Kleinen aber nicht davon ab, zu reden. Sind die Möglichkeiten, sich sprachlich mitzuteilen, noch begrenzt, ist es wichtig, dass Euer Kind Zeit hat, Gedanken und Gefühle auszu-drücken. Dabei können Spiele oder Hilfsmittel wie Buntstifte helfen. Es gibt viele Formen, wie sich Kinder äußern können, und jedes Kind macht das anders.
„Mit Geduld und Aufmerksamkeit wird es leichter, die Sprache Eures Kindes in jedem Alter zu verstehen.“
Mit der Zeit wird es auch für Euch einfacher Dinge zu erklären, denn Euer Kind wird immer verständiger und kann Zusammenhänge besser begreifen. Sprecht mit Eurem Kind altersgerecht. Das heißt, nutzt möglichst einfache Worte und Beschreibungen und „verabreicht Informationen nur in kleinen Portionen“.
Eine wichtige Ebene der Kommunikation kommt ganz ohne Worte aus. Kinder schauen sich viele Dinge von ihren Eltern ab. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr Eurem Kind einen liebevollen Umgang mit seiner Haut vorlebt und es so annehmt, wie es ist. Je selbstverständlicher und geduldiger Ihr die notwendigen Pflegeroutinen angeht, umso leichter wird es Eurem Kind später fallen, diese in sein Leben zu integrieren.
Möglicherweise wird Euer Kind in der Kita oder dem Kindergarten auf seine Neurodermitis angesprochen. Sprecht mit den Erziehern und erklärt ihnen, welche Belastungen mit einer Neurodermitis einhergehen. Je mehr das Umfeld über medizinische Hintergründe, Symptome und Auswirkungen der Neurodermitis weiß, desto kompetenter können die Menschen damit umgehen und gegen Vorurteile und Missverständnisse angehen.
Babys und Kleinkinder sind auf ihre Eltern angewiesen und sie brauchen viel Zuwendung und Unterstützung. Kommen die Herausforderungen der chronischen Erkrankung hinzu, kann das für die ganze Familie zu einer enormen Belastung werden. Nutzt das medizinische Netzwerk aus Dermatologen, Kinderärzten, Psychotherapeuten und Krankenkassen für Euch und lasst Euch beraten. Auch Selbsthilfegruppen können eine große Unterstützung sein, denn Ihr seid nicht allein. Der Austausch mit anderen Eltern kann eine wertvolle Unterstützung sein. Auch das Internet und die sozialen Medien können Euch Zugang zu seriösen und informativen Betroffenen-Communitys bieten.
Hier findet Ihr hilfreiche Adressen und Anlaufstellen.Gut zu wissen
Im Neurodermitis-Begleiter-Team unterstützen Euch geschulte Fachkräfte mit medizinisch gesicherten Informationen zur Erkrankung und Therapie. Sie helfen auch mit gesundheitspsychologischen Tipps oder praktischen Ratschlägen weiter.
Hier findet Ihr die Kontaktdaten.Eltern können ihrem Kind die Last Ihrer Erkrankung nicht abnehmen, aber sie können ihm den Rücken stärken, damit es sein Leben mit Neurodermitis selbstbestimmt gestalten kann. Dabei seid Ihr nicht allein. Viele Entscheidungen werden Euch wahrscheinlich leichterfallen, wenn Ihr den Rat von Experten einholt, denen Ihr vertraut. Sprecht mit den Ärzten Eures Kindes und lasst Euch von Spezialisten und Eurem Umfeld helfen. Mit einer angepassten Therapie und etwas Unterstützung steht einem normalen Familienleben in der Regel nichts im Weg.
1 https://www.kindergesundheit-info.de/themen/ernaehrung/0-12-monate/allergierisiko (abgerufen am 25.01.2023).