Warum viele Menschen Bärte gut finden? Es gibt einige wissenschaftliche Studien, die beweisen, dass Bartträger maskuliner, entschlossener, kompetenter und sympathischer wirken. Die periodisch wiederkehrenden Unkenrufe, die uns Ungepflegtheit, „Hipstertum“, ein Verstecken des Gesichts und weiteres unterstellen, mögen ungehört verhallen.
Dennoch: Die gesellschaftlichen Vorbehalte halten sich hartnäckig. Mir persönlich ging es so, und obendrein wurde mir als Betroffener von Neurodermitis in meinem frühen Erwachsenenleben immer das KO-Argument entgegengeschleudert: “Du hast doch eh schon schlechte Haut, was willst du denn mit einem Bart? Das reizt die Haut doch nur noch mehr!”
Und so kam es, dass ich mich von meinem 14. bis zum 30. Lebensjahr tagtäglich rasiert habe. Immer elektrisch, nie nass, niemals kam ein Aftershave oder etwas Derartiges zum Einsatz. Der Grund dafür: Die sensible, trockene und oft aufgekratzte Haut brannte sowieso schon furchtbar nach dem alltäglichen Waschen, was wäre da erst los gewesen bei Verwendung von alkoholhaltigen Rasurpflegemitteln!
Meine Pflege nach der Rasur bestand darin, die gereizte, gerötete Haut mit pflegenden Cremes zu versorgen. In einigen Phasen mussten auch kortisonhaltige Salben zum Einsatz kommen. Und obwohl ich die Rasierklingen des Rasierapparates regelmäßig desinfizierte, kam es dennoch immer wieder zu langwierigen Entzündungen im Gesicht.
Als ich um die 30 Jahre alt war, habe ich dann beschlossen, mir doch mal einen Dreitagebart stehen zu lassen. Es war damals Mode. Man sah immer mehr Männer im gleichen Alter mit solchen Bärten – in den Medien und im alltäglichen Leben.
Meine Erfahrung damit war sehr gut! Als das tägliche Traktieren mit dem Rasierer aufhörte, erholte sich meine Haut und die Entzündungen gingen zurück. Gleichzeitig pflegte ich die Haut unter dem Dreitagebart mit rückfettenden Cremes, um Trockenheit und den daraus resultierenden Teufelskreis aus Juckreiz und Kratzen vorzubeugen.
Noch ein paar Jahre später – und auch hier folgte ich der Mode – ich war mutig genug, mir einen Vollbart wachsen zu lassen, etwa zwei Zentimeter lang. Und den habe ich immer noch! Meine langjährige Erfahrung ist, dass ein Vollbart auch mit Neurodermitis funktioniert, und zwar zu allen Jahreszeiten, bei Hitze und bei Kälte sowie etwaigen anderen Stressfaktoren. Aber man sollte ein paar Dinge beachten, die ich hier gerne zusammen mit allgemeinen Tipps zur Bartpflege bei Neurodermitis mit Euch teilen möchte.
Natürlich habe ich in der Zwischenzeit jede Menge kostenintensive Pflegeprodukte vom Friseur beziehungsweise dem Barber oder auch in Drogeriemärkten gekauft: Bartöl, Bartfrisiercreme, Haarwachs, Bartshampoo, Bartconditioner und weiteres. Schlussendlich musste ich aber für mich persönlich feststellen, dass ich den Großteil davon bei meiner Bartlänge nicht brauche.
So sieht meine Bartpflege bei Neurodermitis aus: Ich wasche mein Gesicht mit einem Duschgel (sensitiv, allergie- und duftneutral) zusammen mit dem restlichen Körper in der Dusche. Danach wird die Haut unter dem Bart mit einer handelsüblichen wässrigen Lotion eingecremt, wie übrigens auch die Kopfhaut. Im Winter darf es auch gerne eine etwas fettreichere Lotion sein. Nach der Bartpflege tupfe ich eventuell überschüssige Pflegemittel mit einem Handtuch ab. Das hat den Vorteil, dass man kaum mehr Überreste an den Haaren – und damit auch nicht im Bett und/oder in der Kleidung hat. Bitte achtet darauf, dass Ihr Produkte nehmt, die Ihr gut vertragt (Stichwort: Allergie). Die Bedürfnisse Eurer Haut sind je nach Hauttyp unterschiedlich.
Um den Bart morgens mit wenigen Zügen in Form zu bringen, lohnt sich meiner Erfahrung nach die Investition in ein gutes Bartwachs. Auch hier habe ich mit Hilfe meines Barbers ein gut verträgliches Produkt gefunden.
Ein nicht so schönes, aber dennoch wichtiges Thema ist die trockene Haut, beziehungsweise sind Schuppen mit Juckreiz, oder auch Ekzeme. Gerade Schuppen können auch dann auftreten, wenn man die Haut ausreichend pflegt.
Grund dafür können unter anderem Allergien, Unverträglichkeiten oder auch Entzündungen sein. Wenn also die Haut unter dem Bart schuppig ist, sollte die Ursache dafür gefunden werden. Wenn der Zustand länger andauert, dann würde ich auf jeden Fall einen Dermatologen oder eine Dermatologin zu Möglichkeiten der Behandlung konsultieren. Bei weniger schlimmen Fällen habe ich persönlich gute Erfahrungen mit medizinischen Anti-Schuppen-Shampoos gemacht, die in der Apotheke erhältlich sind. Diese helfen nicht nur auf der Kopfhaut, sondern auch bei Hautschuppen im Bart.
Einmal im Monat lasse ich meinen Bart schneiden, immer zusammen mit dem Haarschnitt. In der Zeit zwischen den Besuchen bei meinem Friseur schneide ich mir die Bartkonturen mit einem handelsüblichen Haarschneider selbst nach.
Ich kann Euch nur empfehlen, Euren Barber auf Eure empfindliche Haut hinzuweisen. Denn oftmals wird mit scharfen Klingen und alkoholhaltigem Aftershave gearbeitet, was zu länger anhaltenden Hautirritationen führen kann. Sagt frei heraus, dass Ihr von Neurodermitis betroffen seid und gegebenenfalls auch unter bestimmten Allergien leidet! Dann weiß er, dass er bei den Pflegeprodukten aufpassen muss. Ein Barber wird Euch auch bei der Wahl Eures Bartes beraten, denn die ist abhängig von der natürlichen Struktur der Barthaare: Vielleicht ist bei dickerem/härterem Haar ein kürzerer Bart sinnvoller als ein Prophetenbart, da ersterer leichter zu pflegen ist.
Ihr seht: Einem schönen, gepflegten Vollbart – zu allen Jahreszeiten – steht nichts im Wege!