Die Illustration eines Mädchens in Ritterrüstung. Dekoratives Element Großes blaues N.
Behandlung

Gut gerüstet gegen das Juckreizmonster

Immer dieses Juckreizmonster

Eine Illustration die zeigt wie der Juckreiz von Umwelteinflüssen begünstigt wird. Dekoratives Element
© Corinna Mühlenbein

Lisa hat einen Begleiter, ein Juckreizmonster. Es ist nicht immer da, aber wenn, dann kann es ganz schön gemein sein. Oft schlägt es zu, wenn es Lisa ohnehin nicht gut geht, zum Beispiel wenn sie krank ist, Stress in der Schule hat oder im Frühjahr ihre Augen tränen.

Dann kribbelt es plötzlich an der Haut und automatisch fängt Lisa an zu kratzen. Doch vertreiben kann sie das Monster damit nicht. Im Gegenteil, es wird größer und größer, juckt und ärgert bis es weh tut. Irgendwann hat es Lisa so fest im Griff, dass diese an nichts anderes mehr denken kann und traurig wird. Das Monster kratzt nicht nur an der Haut, sondern auch an ihrem Wohlbefinden.

Der Grund für Lisas Beschwerden ist eine Neurodermitis, eine chronische, nicht ansteckende Hauterkrankung, die
12,4 bis 13,6 % der Kinder zwischen drei und zehn Jahren und etwa 2 bis 4% der Erwachsenen in Deutschland betrifft. Die Ursachen sind eine gestörte Hautbarriere sowie eine Fehlfunktion des Immunsystems. Beides ist meist vererbt und zeigt sich darin, dass die Haut trocken ist und zu Entzündungen (= Ekzemen) neigt. Es gibt Phasen, in denen die Haut ruhig ist, aber auch Phasen, in denen die Haut stark juckt, sich rötet und schmerzt. Die Auslöser für einen solchen Neurodermitisschub sind vielfältig. Die häufigsten sind Stress, kaltes Wetter, Allergene und Hautirritationen wie z.B. ständiges Händewaschen, Seife oder Wollkleidung. Auch Tabakrauch oder Nahrungsmittel können von Bedeutung sein. Kratzen an der Haut steigert den Juckreiz, was wiederum vermehrtes Kratzen zur Folge hat. Auf diese Weise entsteht ein Juckreiz-Kratz-Zyklus, der schwer zu durchbrechen ist und dem sich Betroffene oft hilflos ausgeliefert fühlen. Der starke Juckreiz kann Schlafstörungen verursachen und einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität, das Selbstwertgefühl und die Psyche haben. Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit chronischen Hauterkrankungen überdurchschnittlich häufig traurig oder ängstlich sind.

Juckreizmonster kann man bändigen

Zwei Bilder von einem mädchen. Auf dem ersten haut sie ein Monster mit einem Nudelholz, auf dem anderen trägt sie eine Ritterrüstung. Über den Bildern steht "Abwehr".
© Corinna Mühlenbein

Vorneweg: Ganz los wird Lisa ihr Juckreizmonster nicht. Da es sie aber schon seit Geburt begleitet, hat sie gelernt, mit ihm umzugehen. Dafür hat sie zwei Methoden:

  • Gegenangriff: Bei einem ausgewachsenen Monster hilft nur ein kräftiger Schlag zurück. Damit bringt Lisa ihr Monster schnell zum Schweigen und macht es klein. Die passenden Waffen bekommt sie vom Hautarzt: Es sind typischerweise Cremes oder Salben mit Cortison oder Calcineurininhibitoren. Gegen extrem hartnäckige und schnell wiederkehrende Juckreizmonster gibt es Medikamente zum Einnehmen oder Spritzen. Diese braucht Lisa nicht. Aber es beruhigt sie zu wissen, dass es noch etwas in der Hinterhand gibt.
  • Schutz: Ein guter Schutz macht es dem Juckreizmonster von vornherein schwer, Lisa zu ärgern. Mithilfe einer Pflegecreme errichtet sie eine unsichtbare Barriere zwischen sich und dem Monster. Ähnlich wie eine Ritterrüstung muss Lisa ihren Schutz täglich neu anlegen. Mittlerweile gehört Eincremen zu ihrem Tagesablauf genauso wie Zähneputzen oder Haare kämmen.

Die Behandlung der Neurodermitis basiert auf zwei Wirkansätzen, die sich gegen die beiden Grundprobleme der Erkrankung richten:

  • Die Fehlfunktion des Immunsystems führt zu einer überschießenden Abwehrreaktion mit vermehrter Ausschüttung von entzündungsfördernden Botenstoffe und Ansammlung von Entzündungszellen in der Haut, was sich in Form von Ekzemen äußert. Antientzündliche Maßnahmen unterdrücken die Reaktion, vertreiben die Entzündungszellen und lindern so Rötungen, Juckreiz und Schmerzen. Zum Einsatz kommen Cortison- bzw. Calcineurininhibitor-haltige Präparate, in schwereren Fällen auch Lichttherapie mit UV-Strahlen (die jedoch nur bei Erwachsenen aufgrund des höheren Hautkrebsrisikos bei Kindern). Sind die Schübe ausgeprägt, kehren häufig wieder oder sprechen auf die genannten Maßnahmen nur unzureichend an, kann eine Therapie von innen notwendig sein. Neuere Medikamente blockieren spezifisch die Immunreaktion.
  • Aufgrund der Barrierestörung verliert die Haut Feuchtigkeit, ist trocken und schuppt. Das verursacht nicht nur Juckreiz, sondern macht die Haut auch durchlässiger für Allergene und Keime von außen. Darum entwickeln Menschen mit Neurodermitis häufiger Allergien und Hautinfektionen. Typische Beispiele für letztere sind die Kleienpilzflechte (verursacht durch Hefepilze), das vermehrte Auftreten von Warzen (verursacht durch Viren) oder die Borkenflechte (verursacht durch Bakterien wie Staphylokokken). Tägliches Eincremen mit einer Pflegecreme (= Basispflege) erhöht den Feuchtigkeitsgehalt in der Haut, sorgt für mehr Widerstandskraft und lindert den Juckreiz. Ideal sind rückfettende Cremes, Balsame oder Salben mit wasserbindenden Inhaltsstoffen wie Glycerin oder Urea (Achtung: Urea nicht bei Kleinkindern, weil es Brennen an der Haut verursachen kann). Lotionen haben aufgrund des hohen Wassergehalts einen austrocknenden Effekt und sind weniger geeignet. Duftstoffe und Parabene sollten wegen der erhöhten Allergiegefahr möglichst nicht enthalten sein. Wird die Basispflege konsequent durchgeführt, bewirkt sie eine schnellere Abheilung von Ekzemen. Im schubfreien Intervall angewendet kann sie Neurodermitis-Schübe bereits im Vorfeld abfangen.

Je nach Symptomatik sind begleitende Therapien sinnvoll: Antihistaminika sind juckreizhemmend und können sich während eines Neurodermitisschubs positiv auf die Schlafqualität auswirken. Superinfektionen durch Pilze oder Bakterien sollten auf jeden Fall mitbehandelt werden, z.B. mit antiseptischen Umschlägen, einer Creme gegen Pilze oder einem Antibiotikum.

Juckreizmonster haben auch was Gutes

Juckreizmonster können richtig nerven. Doch Lisa hat erkannt, dass ihr Monster eine wichtige Botschaft für sie hat: Es ist wie ein körpereigenes Alarmsystem. Durch Jucken teilt es ihr mit, dass der Haut etwas fehlt und sie leicht angreifbar ist. Manchmal möchte es Lisa auch sagen, dass es ihr gerade nicht gut geht, dass sie etwas belastet oder ihr alles zu viel wird. Dann ist es höchste Zeit, in sich hinein zu horchen und zu handeln, bevor das Monster an Größe gewinnt und Lisas Kräfte raubt.

Ein Mädchen in Ritterrüstung steht neben einem Monster mit einer Sirene auf dem Kopf. Um die Beiden herum stehen Schlagworte: Heizungsluft, Streß, Klima, Irritantien, mechanische Belastung, Allergene, Nahrungsmittel, Infekte, Zigarettenrauch. Das Monster hat eine Sprechblase: Gib Acht auf Dich! Es glebt ein Post-It auf dem Bild auf dem steht: Und sonst so?
© Corinna Mühlenbein

Juckreiz ist das erste Symptom eines Neurodermitisschubs. Wie bereits erwähnt sind die auslösenden Faktoren individuell verschieden. Das Identifizieren und die Vermeidung möglicher Triggerfaktoren sind ebenso bedeutsam wie die Behandlung und Pflege der Haut. Manchmal bewirken schon einfache Maßnahmen eine Besserung: Treten Ekzeme beispielsweise im Winter an den Händen auf, hilft regelmäßiges Tragen von Handschuhen. Verschlechtert sich die Haut vor allem während der Heuschnupfen-Saison, ist in manchen Fällen eine Hyposensibilisierung hilfreich. Beeinflusst Stress oder Traurigkeit den Hautzustand, ist es ratsam, dass Betroffene psychische Unterstützung haben z.B. durch einem Psychologen.

Nicht immer sind die Einflussfaktoren klar erkennbar. Ein Tagebuch, in dem man notiert, wann die Haut juckt und Ekzeme auftreten, kann Zusammenhänge sichtbar machen. Auch der/die Hautarzt*in steht Patienten zur Seite: Er/sie verschreibt nicht nur Medikamente, sondern hilft durch eine gründliches Gespräch und eventuell weiterführenden Untersuchungen wie einem Allergietest oder einer Blutabnahme Einflussfaktoren herauszufinden.

Neurodermitis ist zwar nicht lebensbedrohlich, doch der Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität kann enorm sein. Wichtig ist zu betonen, dass die Erkrankung zwar chronisch, aber behandelbar ist! Betroffene sollten sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen und unterstützende Angebote anzunehmen. In der Kindheit bessert sich die Erkrankung in vielen Fällen mit zunehmendem Alter. Im Übrigen macht die Erforschung neuer Medikamente gegen Neurodermitis rasante Fortschritte. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren weitere Medikamente zugelassen werden.

MAT-DE-2102560-1.0-05/2021

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