Neurodermitis begleitet Betroffene in jedem Lebensbereich: Juckreiz, Schmerzen, zeitlicher und finanzieller Aufwand und für die Umwelt deutlich sichtbare Ekzeme sind nur einige der ständig präsenten Themen. Doch wie wirkt sich das auf die Beziehung und den Partner aus? Unsere Bloggerin Julia und ihr Mann Aleks erzählen ganz offen, wie das bei ihnen war und ist. Vom ersten Kennenlernen im Spaghetti-Top, zu symptombedingter Gereiztheit und davon, wie Aleks an Julias Handinnenflächen ihr Stresslevel ablesen kann, hört ihr im Podcast.
Legende:
Hallo, ich bin Julia, und ich sitze hier zusammen mit meinem Mann, dem Aleks.
Hallo.
Und ich möchte dir heute ein paar Fragen darüber stellen, wie sich meine Neurodermitis, die ich seit dem 13. Lebensjahr habe, auf unsere gemeinsame Beziehung auswirkt, also bewusst, nicht negativ ausgedrückt, oder wie sie uns begleitet oder mich begleitet, weil ich generell sehr positiv damit umgehe, aber das ist ja immer nochmal eine andere Sache, wenn der Partner das aus seiner Sicht schildert.
Fragen:
Wann ist dir denn meine Neurodermitis zum ersten Mal aufgefallen?
Da wir uns im Sommer kennengelernt haben, hattest du, meine ich zu wissen, das erste Mal einen, sag ich mal, so ein Trägertop, so ein Spagetti-Oberteil an. D. h., deine Arme sind frei gewesen und da bei dir die Neurodermitis unter den Armen, am Oberarm und am Ellenbogen am ausgeprägtesten ist, ist es mir damals direkt aufgefallen. Genau, also das war so das erste Mal, wo ich dich gesehen habe, ok, da hast du was. Was es ist, wusste ich damals noch nicht bei unserem ersten Treffen, hab aber gesehen, dass da was ist.
Was hast du dabei gedacht? Also hat es dich irgendwie geekelt oder hattest du irgendwie ein komisches Gefühl?
Geekelt nicht, nein. Das auf keinen Fall. Da es bei dir sich um trockene Stellen handelt, habe ich mich gefragt, was ist es. Ich habe dich direkt damit konfrontiert, glaube ich. Also ich habe direkt offen frei herausgesprochen, weil ich generell jemand bin, der gerne Fragen stellt, und wenn mir was, ich will nicht sagen komisch vorkommt, wenn ich irgendwas nicht weiß, dann hinterfrage ich es, und da ich halt damals diese Hautkrankheit so als solches noch nicht kannte, habe ich natürlich gefragt, was es ist, ist es ansteckend, ist es irgendwie, ja, was ist es eigentlich? Das habe ich mir bei dem ersten Mal gedacht.
Wahrscheinlich hat es dich auch erstmal beruhigt, dass es nicht ansteckend ist?
Genau, nachdem du mir gesagt hast, dass es eben Neurodermitis ist und es nicht ansteckend ist, klar war ich da erleichtert. Keine Frage.
Hattest du denn vorher schonmal mit Neurodermitis zu tun? Oder wusstest du was hinter der Krankheit steckt?
Da in meinem Freundeskreis, Bekannten- oder Verwandtenkreis keiner an Neurodermitis leidet und auch sonst ich eigentlich niemanden kenne, der diese Krankheit hat, war es für mich ein neuer Begriff, ein neues, ja einfach etwas Neues, das ich nicht kannte, konnte mir aber denken, natürlich hat man schon mal gehört, im Laufe der Zeit, was Neurodermitis ist, dass es eine Hautkrankheit ist, und ich habe mir das schon denken können, aber hatte, wie gesagt, keine näheren Informationen darüber und hatte auch noch keinen direkten Kontakt dazu.
Wie hast du meine Neurodermitis dann in unserem weiteren Zusammenleben erlebt? Also, wir kamen dann ja zusammen.
Genau, nachdem wir dann uns kennengelernt
haben und dann auch letztendlich zusammenkamen, habe ich im Laufe
der Zeit gemerkt, dass es, je nach Jahreszeit, bei Dir zu
Schwankungen kommt. Gerade im Sommer, wo ich dich zum ersten Mal
gesehen habe, ist es bei dir am extremsten, eben durch Schwitzen,
durch den Schweiß, durch das Salz auf der Haut, ist es bei dir
extrem, weil dann eben es beginnt zu Jucken, und am schlimmsten am
Jucken ist und du eben sehr stark kratzt. Ebenso ist es im Winter
das genaue Gegenteil durch die trockene Heizungsluft. Auch dann ist
es bei dir relativ ausgeprägt, weil eben du dann auch anfängst
vermehrt zu Kratzen.
Wie ich es weiter erlebt habe oder was mir dabei oder wie ich mich
gefühlt habe, du hast mir, ja, ich hatte Mitleid mit dir. Du hast,
es hat mir auch weh getan, wie du dich gekratzt hast, weil eben dann
mit dem Kratzen oftmals so Ausdrücke wie „Mmmmhh, ohhh“, jetzt musst
du dich aber kratzen und es juckt so sehr und du willst mehr
kratzen, du willst diesen …
Eigentlich will ich nicht, aber ich muss.
Du willst nicht, aber du musst. Ich meine, jeder kennt Mückenstiche. Jeder weiß, wie lästig Mückenstiche sind und dass man da auch nicht Jucken und Kratzen soll, dennoch kann man nicht anders und man muss einfach kratzen, nur, dass bei Mückenstichen, man weiß, dass sie innerhalb von 3-4 Tagen weg sind und Neurodermitis eben dich dein Leben lang begleitet, mal stärker und mal weniger stark. Und, was ich sagen kann ist, dass, wenn du stressige, eine stressige Zeit hast, wo du Projekte hattest, wo wirklich terminierte Abgabetermine gewesen sind, du wirklich dich noch mehr gekratzt hast. Dass eben stressbedingt deine Neurodermitis noch stärker ausgeprägt gewesen ist als zu einer entspannten Phase, ich sage mal, wie in den Sommerferien oder während des Urlaubs, da konnte sich die Haut wieder beruhigen.
Ja, Stress ist da wirklich ein sehr großer Punkt, auf jeden Fall.
Würdest du denn sagen, dass es sich verbessert hat?
Auf jeden Fall. Ich meine, du hast vor vier Jahren deinen Job gewechselt, von einem sehr stressigen Beruf in einen etwas entspannteren Beruf, und das hat sich auch auf deine Neurodermitis ausgewirkt. Du hast weniger offene Stellen, du hast weniger, du kratzt dich generell weniger, dein, ich finde immer, dein Indikator ist deine linke Handinnenfläche, weil, wenn die linke Hand-innenfläche bei dir gut ist, dann ist die Neurodermitis in deinem gesamten Körper gut in Ordnung. Wenn du dich aber links kratzt und ich beim Frühstück oder beim Mittag oder Abendbrot am Tisch dieses „schschsch“ kratzende Geräusch in der Handinnenfläche höre, dann weiß ich, oh, jetzt hast du gerade Stress, jetzt ist gerade irgendwas im Umbruch, jetzt ist bei dir die Neurodermitis stärker, kommt sie stärker raus. Das höre ich und man sieht es halt auch immer an der Hand.
Ja, es reißt dann wirklich wieder auf und wird auch blutig und so.
Gibt’s denn Momente oder Situationen, in denen es dir mehr
auffällt oder wieder bewusst wird?
Es fällt mir mehr auf, wenn z. B., wenn wir die Betten neu beziehen, so nach 2-3 Wochen, wenn dann mal wieder das Bett frisch bezogen wird, dann finden wir, ich sage mal „Überreste“ von dir im Bett. Das sind dann die Hautschuppen, die nachts während des Kratzens abfallen. Die fallen dann halt natürlich schon auf. Da wird mir bewusst, oh krass, wenn du dich nachts kratzt, was ich auch teilweise höre, wovon ich teilweise auch nachts aufwache, dann sieht man schon, wie sehr die Krankheit dich auch nachts oder wie sehr du dich nachts kratzt. Das fällt mir extrem auf. Oder eben, wenn du etwas gereizter bist, wenn es dich juckt und du einfach kratzen musst, es dir weh tut, dass schlägt dir natürlich auch aufs Gemüt, auf die Stimmung, und dann merke ich ebenfalls, oh, jetzt ist gerade wieder eine Situation, wo es ein bisschen schlechter ist bei dir.
Unabhängig von der Gereiztheit, verhalte ich mich dir gegenüber denn anders, wenn es jetzt wieder schlimmer geworden ist?
Ja, bedingt, Laune und Stimmung oder Stimmungsschwankungen hatten wir ja gerade eben schon, aber auch der körperliche Kontakt natürlich, der spielt da eine große Rolle mit. Du willst dann eben ein bisschen auf Distanz gehen, gerade wenn die Handinnenflächen betroffen sind, dann ist halt Händchen halten oder eben Spazierengehen und sich gegenseitig an der Hand halten nicht möglich, weil es dir eben unangenehm ist, weil du dann nicht möchtest, dass wir dann in Kontakt sind oder auch generell, wenn wir dann auf der Couch sitzen abends oder egal wo, wenn man versucht Körperkontakt aufzunehmen, dann blockst du halt und möchtest eher auf Abstand gehen als dass du die körperlichen Zärtlichkeiten dann zulässt.
Ja, also was von meiner Seite natürlich auch irgendwie schwierig ist, weil ich, also es tut mir natürlich auch leid, aber ich, es ist einfach unangenehm und dementsprechend ist es dann schwierig das zuzulassen, wenn es kein angenehmes Gefühl ist. Also es ist dann wirklich so ein Zwiespalt. Wie kommst du denn damit klar? Also das „Abgewiesen werden“, was ja nicht böse gemeint ist, sondern wirklich nur temporär bedingt, sag ich mal.
Richtig und das ist ein großer Punkt. Da es bei dir diese Schwankungen gibt, diese Hoch-Zeiten und dann wieder die abgeschwächten Phasen, komme ich damit relativ gut klar, weil ich eben auch weiß, dass es eben nicht dauerhaft so ist, dass ich jetzt nicht die nächsten Jahre damit leben muss, von dir körperlich abgewiesen zu werden.
Auf ewig.
Ja, auf ewig verdammt dazu sein nicht mehr dich berühren zu dürfen, nein, auf keinen Fall. Deswegen, ich, die Zeiten, die du brachst für dich, die respektiere ich, und die Zeit, die du für dich beanspruchst dann oder eben nicht den Kontakt zu mir hast, respektiere und akzeptiere ich, weil, wie gesagt, du brauchst deine Zeit dafür und du, es geht dir dadurch besser und dadurch heilt eben die Krankheit sicherlich auch besser, wenn du dich besser fühlst und wenn es dir gut tut, dann tut es mir entsprechend auch gut. Eben auf einem gewissen Zeitraum.
Was würdest du denn anderen Partnern von Neurodermitisbetroffenen raten?
Auf jeden Fall seit offen, seit offen zu Eurem Partner, fragt offen raus, weil, es gibt nichts Schlimmeres als, wie ich eingangs schon sagte, hinter vorgehaltener Hand sich Gedanken zu machen oder nicht offen frei raus zu reden, sondern haut die Fragen einfach raus. Seht zu, dass Ihr Euer Interesse bekundet, weil, ich denke, auch das Interesse ist sehr, sehr wichtig für Euren Lebenspartner, dass er weiß, dass Ihr Euch für diese Krankheit interessiert und nicht sie einfach stillschweigend hinnehmt, sondern auch das Verständnis und Mitgefühl wird damit einhergehen und Ihr, dass Ihr Euren Partner spüren lasst, dass Ihr Ihn trotzdem lieb habt, auch wenn es gerade mal eine schwere Phase ist, auch wenn es gerade mal ein Hochpunkt ist, wo die Neurodermitis extrem viel ist, trotzdem seit für Euren Partner da und …
Ja, gerade in Kennenlernphasen, wenn man dann auch, ja vielleicht sich am Anfang gar nicht traut oder so zu fragen, aber ich glaube, für den Neurodermitisbetroffenen ist es dann auch einfacher darüber zu sprechen, wenn er darauf angesprochen wird, als wenn er dann von sich aus mit der Tür ins Haus fällt so ein bisschen und dann …
… den Partner damit überrumpelt.
Ja, dann mal überrumpelt oder dann noch nicht Partner in der Kennenlernphase irgendwie dann sagt: „Ach übrigens mmmh und …“ Ich denke, es ist einfach darauf angesprochen zu werden und dann ins Gespräch zu kommen und offene Fragen zu klären als andersrum.
Absolut.
Super, dann vielen Dank für deine Zeit.
Bitte, bitte.
Und, bis bald.
Bis dann, tschüss.
MAT-DE-2100184 v1.0 (01/2021)
Neurodermitis kann für Betroffene und Angehörige eine große Herausforderung sein. Zögere daher nicht, Deine/n Dermatolog/-in oder das Behandlungsteam anzusprechen.
Hast Du akut Fragen zu Therapieoptionen oder benötigst Tipps für den Alltag mit Neurodermitis, stehen Dir unsere medizinisch ausgebildeten Ansprechpartnerinnen Karin, Anna und Petra beratend zur Verfügung. Dieser Service ist für Dich kostenfrei.
Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) unterstützt Dich dabei, einen Hautarzt in Deiner Nähe zu finden.
ZUR BVDD-HAUTARZTSUCHEÜber den „Allergie-Wegweiser“ findest Du in Deiner Umgebung Experten, Kliniken und Einrichtungen, die sich auf Allergien, Atemwegs- und Hauterkrankungen spezialisiert haben.
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